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"Der Neue Tag" vom 05.05.2001 "Buckeln für ein edles Gemüse"
05.05.2001  |  Netzcode: 10009023
Buckeln für ein edles Gemüse
Ernte in Neubau: Familie Brunner sticht mit Saisonarbeitern den einzigen Weidener Spargel
Weiden. (kä) Die Sonne steht schon flach über dem Spargelfeld. Der Pickup-Laster der Familie Brunner biegt in den Weg ein. Von der Ladefläche hüpfen die Kinder Michael (7) und Johannes (5). Aus der Fahrerkabine steigen die Saisonarbeiter der Brunners, zwei Slowaken. Reinhard Brunner, Landwirt aus Neubau, und seine Frau Helga verteilen spitze Stechmesser und Maurerkellen. Der Erntetrupp macht sich an die Arbeit.
 

Ein Knochenjob. In der Abendsonne misst das Barometer noch über 25 Grad. Die Spargelstecher beugen sich über die gleichmäßigen Reihen aus schwarzer Erde. Wo immer ein weißes Köpfchen aus dem Boden spitzt, wiederholt sich die gleiche Prozedur: mit der Hand den Spross freigraben, mit dem Stechmesser abschneiden, mit der Kelle die Erde glätten. Die Körbe füllen sich langsam.

Sechs Stunden "buckeln"

Fünf bis sechs Stunden stehen die Brunners und ihre Helfer in der Hochsaison auf dem Spargelfeld. "Nach 14 Tagen kann man sich nicht mehr rühren", weiß Reinhard Brunner, "dann gewöhnt sich der Körper - und es geht wieder." An seiner Seite kniet Junior Michael (7), der jüngste Spargelstecher Weidens. Garantiert! In der Max-Reger-Stadt sind die Brunners die einzigen Landwirte, die Spargel anbauen. Die Pflanzen kauft die Familie in Abensberg. Und auch der Geschmack der weißen Sprosse ähnelt dem des Gemüses aus Niederbayern. Anders als der Fränkische etwa, der durch den reinen Sandboden dort etwas fader schmecken soll.

16 Mark kostet das Kilo in Neubau: erste Wahl und erste Stärkeklasse. Die Kunden danken es mit Treue: Vormittags gegen 9 Uhr und abends gegen 19 Uhr holen Käufer die frischen Stangen direkt am Hof ab. Zum Vergleich: Schrobenhausener Spargel kostet momentan 38 Mark. Brunners bleiben bei 16 Mark - die ganze Saison. "Der Preis muss gerechtfertigt sein", betont Helga Brunner. Günstiger ist nicht drin: Jede Stange wird einzeln aus der Erde geholt. "Man nimmt den Spargel drei Mal in die Hand: beim Stechen, Waschen und Verkaufen."

Zwei Stunden, bis nach 19 Uhr, arbeitet sich die Truppe durch die Reihen. Mit großem Eifer buddeln sich Michael und sein kleiner Bruder Johannes (5) an die weißen Sprossen heran. Tochter Christina (10) wird später beim Verkauf mithelfen. Bei Vater Reinhard und den Saisonarbeitern geht das Stechen natürlich ruckzuck. Die Slowaken leben in den sieben Wochen der Ernte im Bauernhaus der Brunners. Einheimische Arbeitskräfte hat das Arbeitsamt nie vermitteln können. "Da bückt sich doch kein Deutscher", sagt Reinhard Brunner.

Im Pickup geht die Fahrt zurück zum Hof. Die "Pause" dauert eine Nacht. Länger erlaubt es das schnelle Wachstum des Spargels nicht: Am Tag schießt die Sprosse bis zu fünf Zentimeter in die Höhe. Um 6 Uhr früh werden die Spargelstecher wieder an den Erdwällen stehen. Genau dann, wenn die Frühlingssonne die ersten warmen Strahlen schickt. : "Veronika, der Lenz ist da, die ganze Welt ist wie verhext - Veronika, der Spargel wächst..."

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